Motivation nach einer Verletzung
Sport ist Mord, heißt es so schön von Menschen, die nicht so gern aktiv sind. Und wenn man sich manche Sportlergeschichten anhört, könnte man in Versuchung geraten es ebenso zu sehen. In diesem Artikel will ich euch von meinen Verletzungen erzählen und wie ich mich motivierte dabeizubleiben.
In der heutigen Podcastfolge spreche ich mit Steffi, ehemalige Stuntfrau und nun Pole Dancerin mit eigenem Studio in Potsdam. Ihre Geschichte ist inspirierend!
Als ich mit 17 mit dem Kampfsport begann, war ich ein echter Spätzünder. Ich hatte mich lange gegen dieses Klischee gewährt, dass Asiaten auch Kampfsport können müssen. Als meine Mama aufgehört hat mich damit zu nerven und zufällig eine KungFu-Schule bei uns in der Nähe eingezog, dachte ich, es kann ja nicht schaden, es mal zu probieren… und ich fing Feuer! Ich trainierte 3 bis 4 Mal die Woche. Erst eine Stunde, dann holte ich meine Schwester von der Schule ab und dann noch einmal 2 Stunden. Die Leidenschaft war entfacht und konnte nur durch eine kleine blöde Verletzung gebremst werden. Etwa 2 Jahre später fiel ich bei einem Sprungkick auf meinen Fuß – Haarriss im Sprunggelenk. Ok, nicht wild. Nach 6 Wochen Gips im Sommer (!!!!) stieg ich energiegeladen wieder ein und nur ein paar Wochen später verdrehte ich mir in einem Sparringskampf das Knie (zu wenig Muskelaufbau nach dem Gips, hat aber auch keiner zu mir gesagt…). Ich gebe zu das hat ganz schön geknallt, aber damals wusste ich noch nicht, das dieses Geräusch, was deinen ganzen Körper zum Beben bringt bedeutet, dass ein Band gerissen ist. Erst nach Monaten, wo mein linkes Knie immer wieder ausscherte und nicht mehr so stabil wirkte, ging ich zum Arzt. Diagnose Kreuzbandriss. Ok, nicht so schlimm, Operation, Reha, weiter gehts, oder? An sich ja, aber ich war trotzdem richtig ausgeknockt. Denn nach der OP konnte ich mein Bei nicht heben. Das Gedanken-Karussell war auf 180 und ich stellte mir vor, dass die Ärzte es verbockt hatten und ich für immer das Bein hinter mir herziehen müsste… ich war ziemlich hilflos, bis die Physiotherapie mich aufklärte – ich müsse neue Nerven im Knie bewusst ansprechen um das Knie wieder heben zu können, da die eigentlichen durch den Eingriff verletzt waren und nicht mehr reagierten.
Ich habe im weiteren Verlauf meines Lebens und durch den Kampfsport weitere Verletzungen erlitten: Bänderriss, zweiter Kreuzbandriss, Menisken angerissen, Innenband im Knie ausgeleiert, Brustkorb geprellt, Elle und Speiche gebrochen, etc. … Ich sage euch, man stellt sich dann schon die Frage, ob man wirklich für diesen Sport geeignet ist. Meine Knieverletzungen trafen mich am Schwersten. Ich konnte einfach nicht verstehen, warum mich mein Körper derart im Stich ließ. Ich wollte 2013 die Leidenschaft für KungFu wiedererwecken, aber mein Körper arbeitete gegen mich und ich hatte meine zweite Knieverletzung (diesmal schwerwiegender). Diese ganzen körperlichen Schwächen machten mich irre. Andere wurden immer besser und ich verletzte mich nur und saß auf der Ersatzbank, trat auf der Stelle und empfand mich selbst als eine riesengroße Enttäuschung. Wie könnte ich jemals den Erfolg und die Anerkennung bekommen mit so einem schwachen Körper? Womit hatte ausgerechnet ich es verdient so bestraft zu werden. Mein jetziger Mann sagte mir damals:
„Vielleicht passiert es, weil du so stark bist, weil du es ertragen kannst … Niemand hat so etwas verdient.“
Ich versuchte all die Zweifel beiseite zu schieben und Techniken zu üben, die ich mit meinen Einschränkungen tun konnte. Ich lernte flexibler zu sein. Nur weil man den einen Arm vielleicht nicht benutzen konnte, heißt dass nicht, dass man nicht trainieren kann (Ich habe trotzdem Training gegeben und z.B. Liegestütze einarmig gemacht…)
Ich verstand erst später, dass ich vorher gegen meinen Körper arbeitete und ihm nicht die Zeit und Fürsorge gab, die er brauchte. Ich schaute nur nach außen, wie schnell sich andere entwickelten und war neidisch. Doch jeder Körper ist anders und damit muss man umgehen lernen. Deswegen ist es wichtig bewusst zu trainieren und wirklich auf seinen Körper zu hören, wenn dieser eine Pause braucht.
Hier sind einige Tipps, wie du im besseren Einklang mit deinem Körper sein kannst und motiviert bleibst deinen Sport weiter zu verfolgen:
1.) Setze dir erreichbare Ziele
Nach einer Verletzung ist es wichtig nicht direkt wieder voll einzusteigen. Stattdessen: Setz dir erreichbare Ziele. Nähere dich mit kleinen Schritten deiner alten Form und komme stärker und bewusster wieder zurück. Informiere dich, welche Übungen dir helfen entsprechende Körperpartien wieder muskulär zu stärken.
2.) Sei geduldig mit deinem Körper
Erkenne an, dass dein Körper Zeit braucht eine Verletzung zu überwinden und sich zu regenerieren. Dabei gibt es sicher Tage während der Regeneration, wo einfach gar nichts klappt. Akzeptiere es dann einfach und trainiere an deinen Basics oder etwas anderes. Wenn du wieder zurück im Training bist: erwarte nicht, dass du genauso schnell lernst wie andere. Jeder Körper braucht seine Zeit und auch seine eigene Herangehensweise. Daher ist es wichtig für dich Bewegungen zu analysieren und herauszufinden, wie du dich einer Übung oder Technik am besten näherst.
3.) Sei nicht schüchtern und frag um Hilfe
Frage nach Alternativen Übungen oder abgewandelten Techniken, falls du dir bestimmte Bewegungen noch nicht zutraust. Wenn du selber nicht weiterkommst oder etwas Neues lernen willst scheu dich nicht um Hilfe zu fragen. Das empfand ich immer als schwer. Ich wollte immer alles alleine schaffen und musste mir schnell eingestehen, dass das nicht möglich ist. Es zeugt aber nicht von Schwäche um Rat zu fragen.
4.) Lerne auch allein zu trainieren
Um mich nicht immer mit anderen zu vergleichen, habe ich viel allein trainiert und den Fokus auf die Übungen oder Techniken gelegt, die mir gefallen und die ich gerne können wollte und mit einer Verletzung möglich waren, zum Beispiel High Kicks. Während meines Praktikums in einem Büro ging ich jeden Tag des öfteren zur Toilette um in der Kabine meinen Spagat zu üben. Ich hievte ein Bein (das mit dem rechten verletzten Knie) die Wand hoch und stemmte die Hände gegen die andere Wand und drückte mich so in den stehenden Spagat. So konnte ich jeden Tag an meiner Flexibilität arbeiten, die schnell viel besser wurde ohne das Knie zu belasten. Da ich trotzdem an etwas arbeitete, fühlte ich mich motiviert zurückzukommen. Auch mit meinem Armbruch konzentrierte ich mich dann mehr auf Kicks als Boxen, da die Beine ja nicht betroffen waren. Verlagere deinen Fokus und du wirst motiviert bleiben!
5.) Nimm dein Training auf Video auf
Auch wenn es sich komisch und eitel anfühlt: nimm dein Training auf um deine Bewegungen zu analysieren und eventuelle Fehler auszumerzen. Vielleicht erkennst du woran es lag, dass du dich bei einer Technik verletzt hast und kannst es zukünftig vermeiden. Meist haben wir gar keine genaue Vorstellung wie wir uns bewegen. Da hilft ein kleines Video um sich wirklich selbstkritisch mit seinen Fähigkeiten auseinanderzusetzen. Außerdem hilft es Bewegungen von anderen besser zu erkennen und umzusetzen, wenn man öfter sich selbst analysiert. Dabei solltest du darauf achten völlig wertfrei deine Fehler zu erkennen. Es bringt nichts dich herunterzumachen und dann demotiviert das Training zu beenden.
Zusatz: 6.) Arbeite an deinen Zielen ohne anderen davon ständig zu erzählen
Oft sind wir Feuer und Flamme für etwas und wollen unsere Begeisterung unbedingt teilen. Aber das setzt uns auch enorm unter Druck, weil wir dann ja auch Ergebnisse abliefern wollen. Schaffen wir es dann nicht in der „angemessenen“ Zeit, zieht uns das runter und wir sind von uns selbst enttäuscht. Deswegen, erstmal nicht darüber reden, was man schaffen möchte. Trainiere für dich, frage natürlich deinen Coach nach Übungen, die helfen können, schau dir Tutorials an und du wirst ohne Druck an dein Ziel gelangen und alle werden überrascht sein über dein Können.
Wie motivierst du dich dranzubleiben, auch wenn es schwer ist? Wie bleibst du am Ball nach einer Verletzung? Schreib es mir gern in die Kommentare.
Stay motivated every day!
Eure Hong
Ich glaube auch, dass man sich während der Genesung Ziele setzen sollte. Auf diese Weise kann man sich selbst motivieren, weiterzumachen, auch wenn es nicht schnell geht. Das Training mit anderen hat mir auch bei der Rehabilitation geholfen.
Tatsächlich fällt es nicht allen Personen nach einer Sportverletzung leicht, wieder die Motivation zu finden, mit dem Training am Ball zu bleiben. Deshalb ist es in der Tat wichtig, sich realistische und erreichbare Ziele zu setzen, auch, wenn man am liebsten genau da einsteigen würde, wo man aufgehört hat. Vielen Personen hilft eine Physiotherapie nach einer Sportverletzung, um möglichst früh wieder schmerzfrei das Training aufnehmen zu können.